Betroffene von Menschenhandel brauchen Zugang zu ihren Rechten!
Am 30. Juli ist der internationale Tag gegen Menschenhandel. Das Fraueninformationszentrum FiZ im VIJ e.V. unterstützt Betroffene von Menschenhandel und Ausbeutung umfassend. Nach der deutschen Rechtslage haben die Betroffenen Anspruch auf eine sichere und geschützte Unterbringung sowie auf die Sicherung ihres Lebensunterhaltes, dazu kommt ihr Recht auf Beratung und Rechtsbeistand. Doch leider können viele Rechte in der Praxis nur mühsam durchgesetzt werden.
So auch im Fall von Pedro, einem jungen Mann aus Lateinamerika. Ihm wird Arbeit in der Pflege in Deutschland versprochen – doch stattdessen wird er zur Prostitution mit männlichen Kunden gezwungen. Er und junge Frauen müssen in wechselnden Ferienwohnungen täglich Freier empfangen. Über einen Freier bekommt er Kontakt zum FiZ, das die Polizei einschaltet. Tatsächlich gelingt es der Polizei, die Betroffenen in einer AirBnB-Wohnung aufzufinden. Das FiZ sorgt sofort für eine sichere Unterbringung, den Abbruch aller Kontakte zum Menschenhandelsnetzwerk und erste gesundheitliche und therapeutische Versorgung. Die zuständige Ausländerbehörde und das zuständige Sozialamt werden sofort informiert und die ihnen zustehenden Leistungen beantragt. Doch die Behörden bleiben untätig, so dass niemand für die Kosten der Unterkunft, Verpflegung und Gesundheitsversorgung aufkommt. Da springt der Hilfsfonds der Diözese Rottenburg-Stuttgart für Betroffene von Menschenhandel ein und ermöglicht Pedro, zur Ruhe zu kommen und sich neu zu orientieren. Es dauert fast 12 Monate, bis ein Sozialgericht die Zuständigkeit der Behörden final klärt. Ohne Unterstützung des Fonds hätte Pedro vermutlich in sein Herkunftsland zurückkehren müssen, wo er sofort vom Menschenhandelsnetzwerk aufgegriffen, bestraft und weiter ausgebeutet worden wäre. Auch könnte er dann nicht als Zeuge in einem Strafverfahren gegen die Menschenhändler zur Verfügung stehen.
„Es ist für Fachberatungsstellen ein Hürdenlauf, die Versorgung von Menschenhandelsbetroffenen sicher zu stellen“, erklärt Doris Köhncke, Leiterin des FiZ. „Anstatt uns um die Betroffenen zu kümmern, die intensive Begleitung benötigen, schlagen wir uns mit der Zuständigkeit von Behörden herum und verlieren kostbare Zeit.“ Immerhin hat das Land Baden-Württemberg Ende 2023 einen Leitfaden veröffentlicht, der die Zusammenarbeit von Beratungsstellen, Behörden und weiteren Organisationen bei Menschenhandelsfällen regelt. Es ist zu hoffen, dass künftig die Abläufe besser funktionieren – und es nicht allein dem Engagement von Fachberatungsstellen und der Diözese zu verdanken ist, dass sich ein junger Mann wie Pedro aus Zwang und Ausbeutung befreien und ein neues Leben beginnen kann.
Kontakt: FiZ im VIJ e.V., Stuttgart. koehncke@vij-wuerttemberg.de , 0711 23941-29