25. November: Unsere Beobachtungen anlässlich des Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen

„Gewalt gegen Frauen ist vielleicht die schändlichste aller Menschenrechtsverletzungen. Sie kennt keine Grenzen, weder geographisch, noch kulturell, noch im Hinblick auf materiellen Wohlstand. So lange sie anhält, können wir nicht behaupten, dass wir wirkliche Fortschritte in Richtung Gleichstellung der Geschlechter, Entwicklung und Frieden machen.“
Kofi Annan, Generalsekretär der Vereinten Nationen (1997 – 2006)

Das Thema gegen Gewalt an Frauen ist aktueller denn je, die Zahl der Betroffenen steigt. Deutschland hat sich 2018 dazu verpflichtet, die Ziele und Inhalte der Istanbul-Konvention umzusetzen, die die Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen zum Ziel hat. Die diakonisch-kirchlichen Beratungsstellen leisten ihren Beitrag, um Frauen konkret zu unterstützen und ihnen zu ihren Rechten zu verhelfen. Doch Deutschland muss mehr tun: Es braucht bessere Strukturen, die Frauen vor Gewalt schützen und in denen Frauen ihre Rechte bekommen, und es braucht eine bessere Finanzierung der Unterstützungsangebote, damit diese langfristig und flächendeckend angeboten werden können.

Im Fraueninformationszentrum (FiZ) beobachten wir nach wie vor erhebliche Mängel im System, die die Gewalt an Frauen fördern bzw. erschweren sie zu verhindern:

  • Frauen mit unsicherem Aufenthalt haben nahezu keinen Zugang zu Schutzunterkünften / Frauenhäuser – die Hürden der Finanzierung sind sehr hoch.
  • Frauen, die aufgrund der Ehe nach Deutschland gezogen sind, müssten bestenfalls eine Ehebestandzeit von 3 Jahren erfüllen, um einen unabhängigen Aufenthalt zu erhalten. Trennen sie sich innerhalb der Ehebestandszeit, z.B. aufgrund von Gewalt, geraten sie in eine prekäre aufenthaltsrechtliche Situation.
  • Die Nichtanerkennung von frauenspezifischen Fluchtgründen, wie beispielsweise FGM / C oder Zwangsverheiratung, erschwert geflüchteten Frauen den Zugang zu einem sicheren Aufenthalt in Deutschland, sie erhalten keinen Schutz vor drohender Gewalt im Herkunftsland.
  • Gewalt an Frauen, in all seinen Formen (psychische, körperliche, ökonomische, sexualisierte, seelische, strukturelle Gewalt), wird nur unzureichend rechtlich geahndet. So führt bspw. lediglich nur jede 7. angezeigte Vergewaltigung zu einer Bestrafung des Täters – hierbei sprechen wir vom Hellfeld, das Dunkelfeld verzeichnet weitaus mehr Vergewaltigungen als die, die angezeigt werden.
  • Es gibt viel zu wenig Anlaufstellen, die von Gewalt betroffenen Frauen Unterstützung anbieten können – insbesondere im ländlichen Raum.
  • Nach wie vor wird die Präventions- und Sensibilisierungsarbeit unzureichend staatlich gefördert und ausgebaut, obwohl dies ein maßgeblicher Schritt zur Verhütung von Gewalt an Frauen und Mädchen ist. Über die unterschiedlichen Gewaltformen, wie unter anderem die Loverboy-Masche, müssen bereits Kinder und Jugendliche informiert und sensibilisiert werden.

Wir, als Frauenberatungsstelle, wünschen uns eine vollständige Umsetzung der Istanbul Konvention, die sich auch bei uns in der Praxis auswirkt.

Deutschland hat noch viel zu tun, das zeigt auch der neue GREVIO Bericht – Erster Bericht des Expertenausschusses (GREVIO) zur Umsetzung der Übereinkommens des Europarats vom 11. Mai 2011 (Istanbul-Konvention) in Deutschland (s. Download).

Frauenrechte sind Menschenrechte!

 

Veranstaltungshinweis Friedensgebet

Am Freitag, 25.11.2022 findet ab 12:15 Uhr ein Stoppt-die-Gewalt-Friedensgebet In der in der Stiftskirche Stuttgart statt.

Anschließend stellen die diakonisch-kirchlichen Beratungsstellen ihre Angebote für von Gewalt betroffene Frauen vor. Das FiZ ist an der Aktion beteiligt und wird vor Ort über seine Angebote für von Gewalt betroffenen Frauen vorstellen.

Mehr Informationen finden Sie hier: https://vij-wuerttemberg.de/fiz-stuttgart-22

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