30. Juli: Welttag gegen Menschenhandel

Am 30. Juli jährt sich der Welttag gegen Menschenhandel!
Als Fachberatungsstelle für Betroffene von Menschenhandel setzt sich das Fraueninformationszentrum (FIZ) dafür ein, dass Betroffene ihre Rechte geltend machen können und Schutz erhalten.

Menschenhandel findet nach wie vor mitten unter uns statt – auch in Deutschland. Er hat unterschiedliche Formen: Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung, Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung, Zwang zur Bettelei oder kleinkriminelle Handlungen und Organhandel.

Menschenhandel ist eine schwere Menschenrechtsverletzung und hat gravierende Folgen für die Betroffenen. Das Fallbeispiel soll einen kleinen Einblick in die vielschichtigen Lebensrealitäten von Betroffenen geben und zeigt, wie das FIZ unterstützt.

 

Fallbeispiel Mariam*

Mariam* nimmt sich ein Taschentuch und trocknet sich die Tränen. Es fällt ihr schwer über ihre Erlebnisse zu berichten. Sie sitzt in der Stuttgarter Fachberatungsstelle Fraueninformationszentrum (FIZ) und erzählt ihrer Beraterin viel Persönliches. Vor 5 Jahren nahm die Geschichte ihren Anfang in Nigeria, der Heimat von Mariam.

Sie war damals 20 Jahre alt und absolvierte ihre Ausbildung als Krankenpflegerin. Als sie von einer Bekannten ein Job-Angebot in der Schweiz erhält, freut sie sich. Sie wünscht sich bessere Arbeits- und Lebensbedingungen und möchte ihre Familie unterstützen. Ihre Reise wird durch die Bekannte organisiert, Mariam erhält einen gefälschten Pass und ein Flugticket nach Zürich. In Zürich wird sie von einem nigerianischen Mann abgeholt, der sie irgendwo hin aufs Land zu einem Haus fährt, in dem sich viele junge Nigerianerinnen aufhalten. Der Mann nimmt Mariam den Pass sowie ihr Handy ab. Sie ist irritiert und protestiert, so hatte sie sich das nicht vorgestellt. Es stellt sich heraus, dass sie keinen Job in einer Züricher Klinik bekommt, sondern sich prostituieren muss. Mariam weigert sich, doch nach viel physischer und psychischer Gewalt gibt sie auf. Jede Nacht muss sie mit anderen jungen Frauen in Wohnungen an verschiedenen Orten Männer empfangen. Einmal wöchentlich müssen sie ihre gesamten Einkünfte abgeben, auch für Unterkunft und Essen. Wer sich weigert, wird geschlagen und unter Druck gesetzt. Mariam ist verzweifelt, weiß sich jedoch keinen Ausweg.

Nach 2 Jahren erhält sie über eine andere Nigerianerin heimlich Kontakt zu einer alten Freundin, die inzwischen in Deutschland lebt. Diese macht ihr Mut, sich zu befreien. Eines Nachts flüchtet Mariam mit etwas Geld, das sie heimlich gespart hat. Mit einem Fernbus schafft sie es über die deutsche Grenze, wo die Polizei sie aufgreift und zur Asylantragstellung weiterschickt. Von ihrer Freundin hat sie die Telefonnummer des FIZ in Stuttgart und meldet sich. Hier erhält sie Informationen und Beratung. Sie überlegt, ob sie Anzeige erstatten will, aber zunächst will sie es sich noch überlegen. Das FIZ unterstützt Mariam bei der Asylantragsstellung und bei der Durchsetzung ihrer Rechte als Betroffene von Menschenhandel.

Mariam atmet tief durch. Bis heute beschäftigen sie die alten Erlebnisse. Mithilfe des  FIZ hat sie einen Therapie-Platz erhalten, der ihr bei der Verarbeitung der Vergangenheit hilft. Heute fühlt sich Mariam wieder stark. Sie hat inzwischen ein Bleiberecht in Deutschland erhalten und kann nach der bestandenen Weiterbildung auch in Deutschland als Krankenpflegerin arbeiten.

*Name geändert

Aktuell: Wanderausstellung am Bodensee

Wer mehr über Menschenhandel erfahren möchte, kann noch die Wanderausstellung des Koordinierungskreises gegen Menschenhandel (KOK e.V.) besuchen.

Der letzte Ausstellungsort in der Bodenseeregion ist in Singen, Café Horizont (Hegaustraße 29 · 78224 Singen).
Öffnungszeiten der Ausstellung: Di. 03.08.21, 16 Uhr; Mi. 04.08.21, 9 Uhr – 13 Uhr, 
Do. 05.08.2021 bis Sa. 07.08.21, 9 Uhr – 18 Uhr.

 

Wir laden Sie herzlich zu den begleitenden Veranstaltungen ein:

Dienstag, 03.08.2021, 16 Uhr: Ausstellungseröffnung mit Grußwort der Stadt Singen und Vortrag des FIZ, Fachberatungsstelle für Betroffene von Menschenhandel: „Menschenhandel mitten unter uns!“ Einblicke und Hintergründe.

Donnerstag 05.08.2021, 16 bis 18 Uhr: Eine Beraterin des FIZ ist anwesend und informiert zu Fragen von Menschenhandel, Asyl und Flucht.